Parfümerietagung 2014: Trends – Tendenzen und Ideen

Parfümerietagung 2014Zum 60. Mal fand am 17. und 18. März 2014 im Düsseldorfer Maritim Hotel die Parfümerietagung des Bundesverband Parfümerien statt. In diesem Jahr stand sie unter dem Motto „Emotion verkauft?! Chancen für den stationären Handel“.

Entsprechend diesem Motto stellte die Veranstaltung Gefühle und deren Bedeutung für den Verkauf luxuriöser Parfums- und Pflegeprodukten und die emotionale Aufladung von Marken in den Mittelpunkt. Kurz: Wie werden Kunden für Produkte begeistert und was bedeutet das für Verkauf und Beratung? Wie schaffe ich eine emotionale Verbindung zwischen Kunde, Geschäft und Marke?

Vier hochkarätige Referenten vermittelten Informationen und Tipps und gaben Antworten auf die Fragen der rund 150 Teilnehmer aus Parfümerie und Markenartikel-Industrie.

Erwartungen übertroffen

Auch in ihrem 60.Jubiläumsjahr scheint die Tagung noch keinen Rost anzusetzen: „Die hohe Teilnehmerzahl, das unglaublich tolle Feedback, besonders auf den zweiten Tagungstag und die gute Resonanz im Handel haben unsere Erwartungen deutlich übertroffen.“ freut sich Elmar Keldenich, Geschäftsführer des Bundesverband Parfümerien.

Wie lassen sich Kundenwünsche leichter herausfinden und erfüllen?

Norman AlexanderWie lassen sich Kundenwünsche leichter herausfinden und besser erfüllen? Wie kann ich herausfinden, was mein Gesprächspartner gerade denkt? Genau diese Fragen beantwortete der Wirtschaftsmentalist und Buchautor Norman Alexander in seinem Vortrag „Mind Hacking“. Das hat jedoch weniger mit Zauberei als vielmehr mit besonderen Kommunikationstechniken die sich von jedem erlernen und anwenden lassen. Dabei sind genaue Beobachtung, Menschenkenntnis und etwas Intuition die Mittel auf dem Weg zum Erfolg: Wenn man z.B. das ausspricht, was der andere vermutlich denkt, liegt man häufig richtig und baut so schneller Vertrauen auf. Das wirkt sich nicht nur positiv im persönlichen Gespräch, sondern auch in der Kundenbeziehung und selbstverständlich bei geschäftlichen Terminen aus.
Gedanken, erläuterte Norman Alexander, werden häufig auch durch Körpersprache sichtbar. Es ist daher sinnvoll, auf die Körpersprache zu achten und sich bereits vor einem Gespräch zu überlegen, was z.B. die drei wichtigsten Gedanken des Gesprächspartners sein könnten. In der Beratung geht es dann darum, Menschen in der konkreten Situation zu beobachten und abzuleiten, was die andere Person gerade fühlt und denkt. Dabei sind alle einströmenden Informationen relevant. Reaktionen auf Verkaufsvorschläge können so quasi „geangelt“ bzw. erraten und höhere Trefferquoten erzielt werden. Gelingt es mir beim Gesprächspartner bzw. Kunden Vertrauen und eine emotionale Bindung aufzubauen, kann ich besser auf seine Bedürfnisse eingehen. Zufriedene und überzeugte Kunden vertrauen nicht nur den Ratschlägen des Beraters, sondern sind auch zufriedener.

Warum kaufen wir eigentlich?

JanWellerWarum kaufen wir eigentlich? Diesem Thema widmete sich Jan Weller, Geschäftsführer der Bremer Agentur red pepper. Anschaulich stellte er dar, dass in Kaufsituationen Preise nicht gerechnet sondern gefühlt werden. So können gleichteure Produkte als sehr teuer oder sehr preiswert empfunden werden, je nach dem ob in der Wahrnehmung der Kunden ein emotionaler Zusatznutzen existiert.

Das bedeutet, der rein rationale Kunde ist eine Illusion – Rationalität gegenüber Emotion schwächer als vermutet. Weller veranschaulichte dies am Modell von Pilot und Autopilot: Der Pilot steht für den planerisch und strategisch denkenden Teil in uns. Er verbraucht 20% der gesamten Energie des Körpers und sammelt Informationen im Umfang von 40 Bit, also Informationseinheiten/Sekunde. Der Pilot reagiert vor allem auf Sprache, die kurzlebigste Kommunikationsform. Der Autopilot dagegen nimmt 11.000.000 bit/Sekunde über alle Sinneswahrnehmungen auf. Er entscheidet darüber welche Informationen überhaupt ins Bewusstsein gelangen. Die wirkliche Macht im Kopf, so Weller, haben also die Emotionssysteme. Sie lenken die Aufmerksamkeit immer auf den Reiz, der eine Emotion verursacht. Alles andere wird als neutral eingestuft und bleibt unbeachtet. Folge: Die unglaubliche Vielzahl von Produkte mit Produkt-, Marken- und Kommunikationsgleichheit macht Produkte, Marken und Aussagen beliebig und austauschbar. Ein Gegenbeispiel bietet Apple: Marken werden emotional stark, so Weller, wenn sie triftig beantworten können, warum sie überhaupt da sind. „Think different“ als Antwort im Falle von Apple spannt durch diese Aussage die Brücke hin zum Kunden.
Sie gibt der Marke eine Bedeutung in der emotionalen Welt des Kunden und sorgt so dafür, dass sie als relevant wahrgenommen und anerkannt wird.
Das ist auch für den Handel von Bedeutung, wenn er von bestimmten Zielgruppen als relevant angesehen werden will. Aber wie können diese Erkenntnisse konkret eingesetzt werden? Weller fasst zusammen: Alles hat eine Bedeutung. 85% der Kaufentscheidungen werden unbewusst getroffen, durch den gefühlten Preis. Informationen, die keine Emotionen auslösen, haben keine Bedeutung. Marken spiegeln sich an allen Kontakt- und Erlebnispunkten für Kunden wider. Das bedeutet, dass auch im Handel klug emotionalisiert werden muss. Kurz: Die Parfümerie als Sinnesoase mit emotionalen Reizen zu gestalten – ohne zu verwirren. Der Verkaufsort, der Berater und die Produktauswahl sind dabei deutlich wichtiger als die einzelnen Marken.

Branchentalk als Kommunikationsforum der Branche

Jubiläen 2014Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kommt der Kommunikation ein besonderer Stellenwert zu. Die traditionelle Abendveranstaltung bot daher den Rahmen für viele Gespräche und Kontakte zwischen Parfümerie-Einzelhandel, Lieferanten und Dienstleistern. Im zwanglosen Gespräch konnten Vorträge und Meinungen diskutiert und persönliche Kontakte aufgebaut und gepflegt werden.
Außerdem wurden stellvertretend für viele andere Organisationen und Personen für Ihre Verdienste um die Branche geehrt. In diesem Jahr waren das: Parfümerie Boos, Andernach: 300 Jahre; Parfümerie Wigger, Dortmund und Atta-Drogerie, Attendorn: 100 Jahre; Goldkopf Parfümerie, Köln: 50 Jahre; Esteé Lauder Companies in Deutschland: 50 Jahre; Molton Brown Ltd.: 40 Jahre; WIR-FÜR-SIE Parfümerien: 25 Jahre, Ulrich Schwarze: 25 Jahre Geschäftsführer der Beauty Alliance.

 

Neue Technik – neue Möglichkeiten!

PhilippRengerZu Beginn des 2. Tages fragte der Stuttgarter Online-Kommunikationsberater Phillip Renger, Mosaiq-Media: „Das Internet verkauft keine Emotionen?“. Die Antwort: Eine Antwort gibt es nicht! Neue Trends wie Nachhaltigkeit, Erlebniseinkauf und Individualisierung bieten On- wie Offline eine Fülle neuer Chancen, aber auch Herausforderungen. Dabei werden zukünftig nicht einzelne Produkte, sondern das Geschäft oder der Lieferant als Marke im Mittelpunkt stehen. Die Marke wird dabei zum Botschafter, das heißt, es wird zukünftig nicht mehr über Produkte kommuniziert. Vielmehr stehen Informationen im Mittelpunkt des Interesses. Es geht nicht länger um das Was, sondern um das Wie! Wie kann ich als Kunde meine ganz spezifischen Bedürfnisse erfüllen? Und nicht mit welchem Produkt! Marken werden, so glaubt Renger, in Zukunft weniger Produkt als vielmehr Informations- und Inhaltslieferanten.
Guten Chancen bietet auch die wachsende Technologisierung der Gesellschaft. Sie ermöglicht eine genauere Zielgruppenansprache durch individuelle, auf einzelne Kunden zugeschnittene Angebote. NFC Technologie in aktuellen Handys und RFID-Chips und Smartphones bieten hier völlig neue Möglichkeiten. Plakativ formulierte Renger: Beratungsleistung wird im Handel nicht anders erbracht als online.
Ein nicht unerheblicher Vorteil für den stationären Handel – er kann neben der Technologie auch die direkte, unmittelbare und persönliche Kommunikation und ein multisensorisches Umfeld nutzen. Positiv: Im Falle von Parfums und Kosmetik zählen persönlicher Austausch und haptisches und olfaktorisches Erleben. Um am mitunter kostspieligen Puls der Zeit zu bleiben, müssen Marken den Einzelhandel besser unterstützen, unterstrich Renger.

Neue Trends und neue Chancen

Joachim MensingDr. Joachim Mensing, Moodform, Miami (USA), ist Psychologe und Experte im Schnittfeld Duft, Persönlichkeit und Stimmung. Seine Präsentation fokussierte auf die Zukunft des Parfümeriefachhandels und wie Duft- und Pflegeprodukte der nächsten Generation positioniert und verkauft werden können. Er stellte dazu Trends vor und gab Beratungs- und Verkaufstipps. Wichtige Trends liegen im Bereich neuer Inhaltsstoffe, die Stimmungen modulieren können. Dadurch bieten sich Chancen, durch Wirkdüfte die Parfümerie um den Bereich Gesundheit zu ergänzen. Händlern empfiehlt Mensing z.B. mit einem Innovationsregal Produkte mit einem echten und garantierten Leistungsplus herauszustellen sowie definierte Innovationsstandards einzuführen. Damit sollten echte Innovationen von Scheininnovationen abgegrenzt werden, denn nur diese bieten der Parfümerie Produkte die geeignet sind, sich auch langfristig von den Angeboten anderer Vertriebskanäle abzugrenzen. Es muss klar belegt werden, was Produkte können und dass sie geprüft und getestet sind. Um neue Kunden zu gewinnen sollten neue Zielgruppen angesprochen werden. Alkoholfreie oder wasserdurchlässige Kosmetik für Muslime ist dafür ein Beispiel.

Wichtig sind jedoch vor allem die Menschen in der Parfümerie. Sie interagieren, beraten, verkaufen und kaufen. Für die Parfümerie bedeutet das Investitionen in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter und die Schulung von Gesprächs- und Sozialkompetenz sollten oberste Priorität haben. Die Frage „Warum ich tue, was ich tue?“ muss stärker in den Mittelpunkt des Handelns gerückt werden? Der Kunde muss spüren, welche Ambition hinter der Tätigkeit des Verkaufspersonals steckt. Das zeigt Kompetenz Authentizität und Glaubwürdigkeit. Maß der Dinge ist, Kunden nicht zu verwirren, sondern für ihn ein Mittelmaß zwischen Freiheit und Sicherheit zu finden. Mensing rät daher auch – abhängig vom Entscheidungszeitpunkt – die Produktvielfalt im Verkaufsprozess zu reduzieren.

Einige Tipps zum Schluss: Produkte, die als must haves gelten und auf hohem Niveau überraschen, steigern das Ansehen der Parfümerie. Zur emotionalen Begeisterung zählt auch die Vorfreude, die der strikten Uniformität mancher Parfümerien widerspricht. Gut für die Parfümerie: Im Verkauf zählen vor allem authentische und persönliche Beratung mit Augenkontakt und die Möglichkeit, Produkte in die Hand zu nehmen.

Später Schluss und positives Fazit

Programm_2014Mit fast einer Stunde Verspätung durch interessante Fragen und Diskussion endete die Tagung nach zwei intensiven und inspirierenden Tagen mit viel positiven Feedback und zufriedenen Gesichtern.
Die Parfümerietagung 2015 ist bereits in Planung. Ständig aktuelle Informationen zum Planungsstand, Termin und Themen finden Sie unter: www.parfuemerietagung.de

[Text/Fotos: Bundesverband Parfümerien e.V.]


Weitere Branchentermine für den Fachhandel finden Sie hier…
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