
Grasse Perfume Week als neues Festival der Sinne – Die duftende Stadt. Eine persönliche Perspektive von Dr. Bodo Kubartz. Schon Anfang Juli 2025 war Grasse weit mehr als die historische Parfum-Hauptstadt – die Stadt verwandelte sich in eine Bühne, ein einziges olfaktorisches Fest, das Besucherinnen und Besucher aus aller Welt in seinen Bann zog. Die Premiere der Grasse Perfume Week (GPW) hat eindrucksvoll gezeigt: Das Format ist gekommen, um zu bleiben.
Grasse Perfume Week – Inspiration trifft Innovation
Im Palais des Congrès präsentierten 80 Aussteller aus 15 Ländern ihre Produkte, von lokalen Rohstofflieferanten über handwerkliche Manufakturen bis zu internationalen Nischen-Labels. Die Vielfalt reichte von provokant-konzeptionellen Nischenmarken wie Jouissance aus Großbritannien, gegründet von Cherry Chang, über Olymra aus Griechenland von Dr. Frida Michailidou, die nachhaltige Duftchemie mit botanischen Noten und einem Bezug zum Olymp verbindet. Oscar Emil, das Projekt des jungen dänischen Talents Oscar Hedegaard in der Schweiz, erzählt emotionale Duftgeschichten. Parfumeurs du Monde aus Frankreich, gegründet von Thierry Bernard, vereint natürliche Rohstoffe mit poetischen Kompositionen. Zudem gab es spielerische Überraschungen: Maison Lautier (Symrise) servierte Duft-Eiscreme und brachte thematische Fotokunst ins Stadtbild. Ein eigener Bereich für chinesische Marken markierte eine Brücke Europa–Asien, kuratiert von Notes Shanghai. Gleichzeitig stand der kreative Diskurs im Vordergrund: Diskussionen, Panels und Inszenierungen beleuchteten Themen wie Nachhaltigkeit, Innovation und die Rolle künstlerischer Parfümerie.

Die ganze Stadt duftet – „Scenting the city“
Das vielleicht Beeindruckendste der GPW jedoch spielte sich außerhalb der Messehallen ab. Rund 90 Offsite-Events lockten über 1.000 Teilnehmer in Gärten, Ateliers und Museen. Beim „Abribus Olfactif“ wurde ein Buswartehäuschen zur Duft-Installation. Workshops wie „Citrus reinventés“ oder „Fruits en Parfumerie“ von Givaudan zeigten, wie sich klassische Duftthemen zeitgenössisch neu interpretieren lassen.
Gartenbegehung bei Fragonard und Besuch der Villa Botanica
Für mich persönlich war die geführte Gartenbegehung mit Fragonard-Gärtner Rémi Bernard ein Höhepunkt: Zwischen Jasmin, Tuberose und Geranium erlebte man hautnah, was den unmittelbaren Zauber der Rohstoffe ausmacht. Ebenso unvergesslich war mein Besuch der Villa Botanica von dsm-firmenich, wo ich gemeinsam mit Parfümeur Cyril Mestre (NaturePrint®) und Entwickler Pierre Chauchadis (SFE) an unterschiedlichen Rohstoffen und Extrakten riechen durfte. In dieser konzentrierten, fast intimen Atmosphäre wurde spürbar, wie Hightech und Natur verschmelzen: Mit NaturePrint® lässt sich der unverwechselbare Charakter seltener Pflanzen authentisch abbilden, während SFE (Supercritical Fluid Extraction) besonders feine, komplexe Duftfacetten bewahrt. Dieses gemeinsame Erkunden zeigte eindrucksvoll, wie Innovation und Nachhaltigkeit die kreative Parfümerie prägen – und hinterließ nicht nur Wissen, sondern auch bleibende Inspiration. Bonbon beim Besuch der Villa Botanica: das kurze Gespräch mit Meisterparfumeur Alberto Morillas.

Begegnungen mit Geschichte und Kultur
Unverhofft ergab sich ein weiteres ‚Geschenk‘: meine Unterkunft lag im Geburtshaus von Jean-Honoré Fragonard, Künster der Stadt und Namenspatron des legendären Dufthauses Fragonard, das 1926 von Eugène Fuchs gegründet wurde, Maler der Liebe und letzter großer Vertreter des Ancien Régime. Passenderweise widmete ihm das Musée International de la Parfumerie (MIP) gerade in diesen Tagen eine Sonderausstellung. Hier wurde deutlich: Die GPW ist mehr als nur Fachmesse – sie ist Festival, Ausstellung, kulturelles Stadtfest und Handelsplattform in einem.
Grasse Perfume Week – Warum sie auch für Händler spannend ist
Für deutsche Parfümerien und Händler ist die GPW ein Pflichttermin, weil sie drei Ebenen vereint:
- Produkte & Trends: Neuheiten, Innovationen, internationale Nischenmarken.
- Markteinblicke: Austausch im internationalen Rahmen, u. a. mit wachsender Bedeutung asiatischer Kooperationen.
- Erlebnis & Narrativ: Grasse als lebendige Duftkulisse, die Markencharakter und Parfumgeschichte verbindet.

Warum sollte man sich die Grasse Perfume Week 2026 vormerken
Dass die Veranstaltung trotz großer Hitze tausende Gäste begeisterte, spricht Bände. Die ganze Stadt war erfüllt von Düften, Begegnungen und Leidenschaft für Parfum – getragen von der Energie des Team Nez, das dieses Festival aus dem Stand zu einem „Big Bang“-Moment für die Branche machte. Wer Parfum liebt, Trends verfolgen möchte oder das Zusammenspiel von Tradition und Innovation erleben will, sollte sich 2026 die Grasse Perfume Week vormerken. Erwartet werden neue internationale Nischenmarken, erweiterte Offsite-Events in der ganzen Stadt und spannende Formate, die Messe, Erlebnis und kulturelles Programm noch enger verbinden.
[Text/Bilder: Dr. Bodo Kubartz]