Meinung: Neue Werbeformen im Internet – kann das Werbeumfeld vorgegeben werden ?

Stephanie Haslinger_k
Kommentiert den Umgang mit neuen Werbeformen im Internet: Rechtsanwältin Stephanie Haslinger, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Haslinger & Kollegen, München

Rechtsanwältin Stephanie Haslinger, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Haslinger & Kollegen, München kommentiert die Versuche der Lieferanten im Rahmen der Depotverträge Einfluss auf das Webeumfeld zu nehmen:

Im Rahmen selektiver Vertriebssysteme ist nach der GVO 330/2010 auch der Vertrieb über das Internet, wenn der E-Shop des Depositärs bestimmten qualitativen Vorgaben entspricht, zu gestatten.

Parallel zu den qualitativen Selektionskriterien für den stationären Vertrieb werden durch die Hersteller in gesonderten Internetzusatzverträgen dementsprechend mediumsspezifisch entsprechende Kriterien aufgestellt. Es müssen die Shopseiten optisch und technisch hochwertig gestaltet sein, bestimmte Navigationsvoraussetzungen erfüllt werden sowie Verbraucherschutzstandards (insb. die gesetzlichen Anforderungen zum Fernabsatz) eingehalten werden. Ferner muss, wie im stationären Handel, ein ausreichendes Markenumfeld im Bereich der selektiven Depotkosmetik im Sortiment angeboten werden. Produktdarstellungen und -beschreibungen müssen entsprechend den CIs der Hersteller erfolgen, idR werden insoweit Produktabbildungen vorgegeben und entsprechendes Bildmaterial lizensiert. Darüber hinausgehend wird verlangt, dass parallel zur stationären Fachhandelsberatung eine Beratungshotline, besetzt mit Fachpersonal eingerichtet und unterhalten wird. Um den Bezug zu den stationären Ladengeschäften herzustellen und den reinen Onlinehandel auszuschließen, wird zusätzlich in aller Regel ein deutlich sichtbarer Verweis auf die Ladengeschäfte sowie deren Darstellung auf einer Subpage verlangt, sog. Kriterium des „virtuellen Schaufensters“.

Die Einrichtung eines dementsprechend ausgestalteten Onlineshops bedeutet für den Depositär einen Kostenaufwand im sechsstelligen Bereich, für den laufenden Betrieb fallen Kosten, die mindestens die Kosten einer großen stationären Filiale erreichen, an.

Dementsprechend muss sich der Onlineshop durch entsprechende Umsätze amortisieren. Hierbei ist zunächst das größte Problem, für den  in der Regel nur regional stationär tätigen Händler oder Filialisten, mit seinem Onlineshop, der bundesweiter, evtl. gar internationaler Konkurrenz ausgesetzt ist, in der Weite des Internets gefunden zu werden.

 

1. Neuartige Werbeformen, insbesondere Preissuchmaschinen und Affiliate Marketing

a.

Entsprechendes Marketing erfolgt zunächst durch Optimierung der Suchtreffer bei Suchmaschinen, vornehmlich Google, hier v.a. durch SEM (Search – Engine –Marketing) und SEO (Search- Engine-Optimizing). Die insoweit gängigen Möglichkeiten durch Adword und Keyword-Werbung, sowie im Bieterverfahren bei Google, sind hinsichtlich der rechtlichen Parameter durch die Rechtsprechung mittlerweile ausreichend abgesteckt, mit diesem Punkt soll sich der vorliegende Beitrag daher nicht erneut befassen.

b.

Interessant für den Werbenden sind darüber hinaus vor allem Bewerbungen des Onlineshops durch weitere, im Internet präsente Vermittler. Hierdurch können neue Kundenkreise erschlossen werden.

Insoweit kommen die Angebotseinstellung bei (Preis-)Suchmaschinen sowie Verlinkungen der eigenen Shopseite oder Werbungen auf Drittseiten in Betracht.  Für letztere hat sich die neue Werbeform des sog. Affiliate Marketing mitsamt spezialisierten Agenturen entwickelt.

aa.)

Preissuchmaschinen kommen den Nutzergewohnheiten im Internet entgegen, Vertreiber eines bestimmten Produkts zu suchen und ggf. über den Preis auszuwählen. Nach Eingabe des gesuchten Artikels erscheint eine Liste der möglichen Anbieter, zu deren Seiten verlinkt wird. Die Reihenfolge der Darstellung ist preisbezogen, d.h. der günstigste Anbieter erscheint an erster Stelle.

Ein anbietender Händler erscheint, wenn er der Preissuchmaschine aufgrund bestehender vertraglicher Grundvereinbarung einen Link samt Produktbild mit dem auf seiner Seite gültigen Preis übermittelt hat. Klickt der Nutzer auf diesen Anbieter, erfolgt eine Weiterleitung zu dessen Onlineshop, über den der Kauf getätigt werden kann. In den Verkaufsprozess selbst ist der Betreiber der Preissuchmaschine nicht eingebunden, die Preissuchmaschine erhält aber je nach Geschäftsmodell pro Interessent oder pro Verkauf (pay per klick – pay per sale)  vom Werbenden eine Provision.

bb.)

Bei Affiliate Systemen fungiert der Affiliate als Vermittler von Verlinkungen verschiedener werbetreibender Shopbetreiber untereinander. Diese sog. Advertiser/Merchants schließen mit dem Affiliate Verträge, aufgrund derer (iVm der zugrundeliegenden AGB der Affiliateagentur) deren Shops weiteren Advertiser Partner (Merchants) angeboten werden. Über diese erfolgt sodann bei Annahme des Angebots eine Bewerbung / Verlinkung des Shops oder Angebot des Werbenden auf der eigenen Partner-Shopseite. Durch den sogenannten Affiliate Code des jeweiligen Partners kann der werbende Händler erkennen, von wem jeweils ein Neukunde oder Shopbesucher geschickt wurde. Bei erfolgreicher Vermittlung durch Klick auf das Werbemittel (pay per click), Übermittlung qualifizierter Kundenkontakte (pay per lead – zB Anforderung von Werbematerial durch den Kunden, v.a. bei beratungsintensiven Gütern) oder Kauf (pay per sale) durch einen Fremdkunden eines Partnerunternehmens wird eine Provision bezahlt . Auch hier erfolgt der Verkauf selbst nur über den werbenden Advertiser und dessen Internetshop, der Affiliate wie auch die weiteren verlinkten Partnerunternehmen/Shopbetreiber sind nur Werbeplatform und Vermittler. Der Affiliate ist reine Schnittstelle zwischen Händlern und potentiellen Kunden, er stellt die technische Infrastruktur des Portals bereit, vermarktet dieses und regelt die finanzielle Abwicklung zwischen den Händlern.

Über AGB der Affiliates, die Zulässigkeitsbedingungen für die Angebote werbender Teilnehmer regeln und eigene Werberichtlinien der Partnerunternehmen kann eine Bewerbung der Anbieter auf Seiten mit gesetzeswidrigen oder und markenschädlichen Inhalten ausgefiltert werden.

Für den werbenden Shopbetreiber hat dieses System den Vorteil, dass es eine Menge zusätzlicher virtueller Werbeorte im Internet schafft, mittelbar die Nutzung fremder Kundenstämme (ohne Verletzung von Datenschutzbestimmungen) ermöglicht und die Kosten rein erfolgsabhängig sind. Abhängig vom Nutzerverhalten und der Strategie der Zielgruppe kann das eigene Unternehmen auf den werbenden Partnerseiten in Form von Bannern, Textlinks, Content-Modulen, Mini- Shops oder ganzen kleinen Websites präsentiert werden, jeweils ausgestattet mit der unmittelbaren und verifizierbaren Zugriffsmöglichkeit der Kunden auf die eigene Shopseite. Unabhängig vom Firmensitz und regionalem Einzugsbereich können dadurch Cross-Selling Potentiale effektiv ausgeschöpft werden.

c.)

Beiden Werbeformen, sowohl Preissuchmaschinen als auch Affiliate Werbungen ist gemeinsam, dass die Drittseiten, auf denen die Werbung erscheint, nicht als Verkaufsstätte fungieren sondern über sie nur Aufmerksamkeitswerbung geschaltet wird. Bei Interesse des Nutzers und Anklicken des Werbeangebots wird dieser auf die Seite des Werbenden weitergeleitet, über die dann ggf. der Verkauf erfolgt.

 

2. Kritikpunkte der Hersteller, Regelungen in Internetzusatzverträgen

Depotkosmetikhersteller missbilligen die dargestellten Werbeformen unter folgenden Gesichtspunkten:

a.

Bei Preissuchmaschinen erscheint der anbietende autorisierte Marken-Händler, der den Produktlink zur Verfügung stellt, im Rahmen eines Portals, das von Autozubehör bis Zooartikel alle möglichen Rubriken bereitstellt. Im Rahmen der eigentlichen Suchrubrik tummeln sich neben autorisierten Anbietern auch reine Internetdiscounter und Graumarktanbieter sowie evtl. auch Anbieter von Produktfälschungen, da die Preissuchmaschine nicht nur autorisierte Händler in die Suchrubrik aufnimmt.

Für die Hersteller, die den selektiven Vertriebsweg ihrer Produkte und die Aura von Luxus durchgängig im Rahmen der gesamten Vertriebs gewahrt sehen wollen, durchbricht diese Werbeform auf einem „Gemeinplatz“ das Markenkonzept des „virtuellen Schaufensters“ einer gehobenen Parfümerie. Sie versuchen daher, über Werbe-Internetzusatzverträge zunehmend diese Werbungen auf gleicher Stufe mit reinen Onlinehändlern, Graumarkt- und Gemischtwarenanbietern zu untersagen. Dabei wird zum Teil noch differenziert dahingehend, ob es sich in den Augen der Verbraucher um Portale handelt, die auf den ersten Blick wie  ein Eigenangebot des Betreibers wirken können (wie etwa ladenzeile.de) oder reine Preissuchmaschinen (zB ,www.idealo.de);  zT werden Angebote über Portale generell untersagt.

aa.  Urheberrecht

Dabei stehen den Herstellern urheberrechtliche Angriffsmöglichkeiten, aufgrund der Abbildung an den Depositär lizensierten Bildmaterials auf den Drittseiten gegen den Depositär idR nicht zur Verfügung.  Denn in der Regel werden den Preissuchmaschinen von den werbenden Anbietern/Depositäre nur Bildlinks ihrer Shopseite übermittelt. Auf der Shopseite selbst sind idR entsprechende Copyrightvermerke angebracht, die ein Abkopieren der Bilder durch Dritte untersagen. Im Rahmen der Verlinkung wird nicht in urheberrechtliche Vervielfältigungs- oder Verbreitungsrechte der Hersteller eingegriffen, da kein Speichern auf dem Server der Preissuchmaschinen erfolgt. Das lizensierte Material wird bei Interesse eines Nutzers der Preissuchmaschine auf der Markenplatform des Depositärs im Rahmen des autorisierten Shops abgebildet, auch wenn sozusagen auch über das „Fenster“ der Preissuchmaschine der Einblick und Eintritt erfolgte. Die Bildlizenzen inhaltlich so zu beschränken, dass eine Verlinkung mit Preissuchmaschinen untersagt wird, wie dies zuweilen versucht wird, ist nach diesseits vertretener Auffassung nach unzulässig. Was urheberrechtliche sachliche Beschränkungen des Nutzungszwecks anbelangt, so gilt,  dass die Einschränkung von Nutzungsrechten nur soweit möglich ist, als es sich um klar abgrenzbare, wirtschaftlich-technisch als einheitlich und selbstständig abgrenzbare Nutzungsarten handelt. Abzuwägen sind hier das Bedürfnis des Rechteinhabers an optimaler Gestaltung der Verwertung seiner Rechte und andererseits die Rechts- und Verkehrssicherheit. Preis- und vertriebsrechtlich motivierte Beschränkungen des Lizenzzwecks sind nur höchst eingeschränkt als zulässig zu erachten. Wenn Einschränkungen des Werbeorts rsp reiner Verlinkungen wie durch das Verbot, Werbungen bei Preissuchmaschinen zu schalten, gemacht werden, ist dies rein preis- und vertriebspolitisch motiviert. Eine selbstständig abgrenzbare Nutzungsart liegt nicht vor. Auch wird durch derartige Beschränkungen der Lizenzzweck, nämlich die Ermöglichung des Onlinevertrieb und der Bewerbung der lizensierten Produkte, übermäßig beschränkt, wenn nicht gar unmöglich gemacht.

bb. Vertriebsrechtliche Ansatzpunkte

Für die Untersagung der Bewerbung des Onlinevertriebs über Preissuchmaschinen auf Basis der Depotverträge  wird von den Herstellern selektiver Depotkosmetik argumentiert, dass es niveauschädlich für die Luxusprodukte und die Markenshops der autorisierten Depositäre, die an den qualitativen Selektionskriterien gemessen werden, wäre, wenn Eingang zu diesen über Allerweltsportale gefunden wird.  Hierunter leide die Selektivität in unzumutbarer Weise. Es wird also der reine Werbeort, die Auffindbarkeit des Verkäufers im Netz zu einem qualitativen Selektionskriterium gemacht.

Damit wird die Vertriebskontrolle der Hersteller um eine weitere Stufe vorgelagert, es wird nicht nur das eigentliche Verkaufsumfeld, der Internetshop des Depositärs, qualitativen Kriterien unterworfen, sondern auch das Umfeld, in dem er Werbungen schaltet. Der Erscheinungsort der Werbungen wird damit vorgegeben dahingehend, dass er entsprechend qualitativ hochwertig sein muss, wie Ladenlokal und Internetshop des Depositärs.

Überträgt man diese Sichtweise auf den stationären Bereich, so würde dies folgendes bedeuten: Im stationären Bereich werden an Werbungen nur zurückhaltend Anforderungen gestellt, zB an Printwerbungen. ZT wird Originalwerbematerial der Hersteller zur Verfügung gestellt, das verwendet werden soll, zT Fotomaterial, Marken-CI-s müssen in der eingetragenen Form verwendet werden und  Preisdarstellungen oder –werbungen die discounttypisch sind, werden missbilligt. Darüber hinausgehend wird allenfalls mit der Beurteilung der Absatzstätte, also dem stationären Verkaufslokal mittelbar auch ein der Ausgabeort von Werbungen kontrolliert (zB Mitnahmeprospekte, Flyer). Der Vorabkontrolle der Hersteller gänzlich entzogen ist demgegenüber der weitere Erscheinungsort von offline-Werbungen, zB in Form von Zeitungsbeilagen; Plakatwerbung, Werbung in Branchenverzeichnissen, Suchrubriken und dergleichen. Es wird also keineswegs vorgegeben werden, in welchen Zeitungen Werbungen geschaltet werden, an welchen Orten plakatiert wird oder bei welchen Werbepartnern Werbematerial ausgelegt wird. Dementsprechend sind Werbungen für den Verkauf von Depotkosmetik auch gleichberechtigt zB als Beilagenwerbung in der Zeitung neben Flyern von Discountern, Teppichhändlern u.v.a. zu finden oder auch an Litfaßsäulen neben Warenhauswerbungen, allgemeinen Informationen, Werbungen von Schnellimbissen angeschlagen.

Die Anforderungen für den E-Commerce gehen also deutlich darüber hinaus, was offline seit jeher gefordert werden kann und wird.

b.

Im Rahmen der Affiliate Werbung versuchen die Hersteller, sich eine Vorabkontrolle der Affiliate-Partnerunternehmen, auf deren Seiten Werbungen des Depositärs verlinkt erscheinen, auszubedingen.
Hier soll also der „Vermittler“ begutachtet werden, ob dessen Verkaufsumfeld für seine eigenen Produkte entsprechend hochwertig ist, dass er als ausreichend qualifiziert betrachtet werden kann, für einen Anbieter von Depotkosmetik Drittwerbung zu betreiben.

Auch hier werden die qualitativen Selektionskriterien ein Stück weiter im Rahmen des gesamten  Vertriebsprozesses und Werbeprozesses  hin zum Endverbraucher vorgegeben in dem sie sämtlichen Vermittlern gleichermaßen wie den eigentlichen Verkäufer und dessen Shop auferlegt werden. Erstrebt wird, das gesamte Werbeumfeld, in dem sich der Internetshop des Depositärs bewegt, sei es auch nur durch reine Aufmerksamkeitswerbung, zu kontrollieren und qualitativ entsprechend hochwertig gestaltet zu sehen, wie den eigentlichen Vertriebsort des Depositärs.

Im stationären Vertriebsweg findet sich zu diesen neuen Anforderungen im Rahmen des e-commerce ebenfalls keine Parallele. Wer für die jeweilige Parfümerie im Rahmen seines Geschäftsbetriebs Werbung betreibt, wird von den Herstellern in keiner Weise kontrolliert oder beeinflusst.

Unabhängig davon, dass über die verlinkenden werbenden Partnerunternehmen keinerlei Verkauf, sondern nur eine reine Aufmerksamkeitswerbung stattfindet, ist deren vollständige Vorabbenennung dem Depositär aufgrund dem Affiliatesystemen innewohnenden Prinzip der Weiterbewerbung auch schlicht unmöglich. Es bedeutet einen unzumutbaren Aufwand, sämtliche möglichen Werbepartner, auch im Rahmen von Weiterverlinkungen, herauszufinden, vorab zu benennen und durch jeden Hersteller genehmigen zu lassen. Ein derartiger Genehmigungsvorbehalt und der damit verbundene Aufwand macht diese Werbeform von vorneherein unwirtschaftlich.

 

3. Bewertung

Der Versuch einiger Hersteller selektiver Depotkosmetik, weitergehend als über die eigentlichen qualitativen Selektionskriterien an den Internetshop der  Depositäre  das Werbeumfeld, im Rahmen dessen sich der Shop im world wide web bewegt, zu kontrollieren, schießt über das Ziel hinaus.

Den dargestellten neuen Werbeformen ist gemeinsam, dass sie das eigentliche Verkaufsumfeld, in dem die Verkaufsabwicklung stattfindet und die Qualifikation des Verkäufers in keiner Weise tangieren.  Der Verkäufer und sein Ladenlokal bzw. Internetshop wird im Rahmen des Autorisierungsverfahrens kontrolliert und qualitativen Selektionskriterien unterworfen.  Diese müssen eine Rechtfertigung  haben durch die Natur der hochwertigen luxuriösen Produkte, für deren imagegerechten Vertrieb also erforderlich sein und ferner objektiv, verhältnismäßig und diskriminierungsfrei angewendet werden.  Die qualitativen Kriterien sind sowohl für den stationären Vertrieb (Lage und Ausstattung der Verkaufsstelle, Qualifikation des Personals, Sortimentsbreite und Sortimentstiefe) als mittlerweile auch für den e-Commerce weitgehend abgesteckt. Für letzteren werden die Offline-Kriterien mediumsspezifisch übertragen, es wird eine optisch und technisch hochwertige Shopseite mit Online-Beratungsmöglichkeit und markenimage entsprechende Produktdarstellung verlangt, ferner eine Anbindung an die stationären Ladenlokale (virtuelles Schaufenster )

Diesen Vorgaben ist gemeinsam, dass sie am unmittelbaren Verkaufsvorgang anknüpfen, im Rahmen dessen müssen die Anforderungen, die die Selektivität  der Luxusprodukte stellen, erfüllt werden. Weitergehende Verkaufsanbahnungen sowie die Beurteilung, wie die Kunden auf die Verkaufsstätte aufmerksam werden, bleiben unbeeinflusst.

Ganz grundlegend wurde bereits 1996 in der Entscheidung des EUGH „Galec“ EUGH Vom 12.12.1996 T 19/92 zur Belegenheit eines Verkäufers in einer Shoppingmall und dem Firmenschild geurteilt, dass derartige äußere Umstände

„besonders vorsichtig anzuwenden ist, wenn es keinem Zweifel unterliegt, dass der Einzelhändler die notwendigen Investitionen vorgenommen hat, um allen Erfordernissen bezüglich der materiellen Verkaufsbedingungen (Einrichtung, Trennung von den übrigen Artikeln, Fachpersonal) zu genügen und Verpflichtungen bezüglich der jährlichen Mindesteinkäufe, der Zusammenarbeit in der Werbung usw. übernommen hat. In einem solchen Fall haben die nationalen Gerichte oder Behörden darüber zu wachen, dass das Kriterium des Firmenschilds nicht allein dazu verwandt wird, eine für den Verkauf der betreffenden Produkte geeignete Verkaufsstelle von dem Vertriebssystem auszuschießen, ohne dass wirklich die Gefahr einer Beeinträchtigung des Images dieser Produkte besteht“

Es wird damit unterstrichen, dass entscheidend allein die Verkäuferqualifikation dort, wo der eigentliche Verkaufsvorgang ist. Dort muss der imagegerechte Verkauf der Produkte stattfinden. Weitergehende Kontrollen der gesamten Verkaufsanbahnung sind nicht für den sachgerechten Vertrieb erforderlich. Auch sind sie für den Depositär nicht mit vertretbarem Aufwand durchführbar; gerade im Bereich der Affiliate Werbungen, die ein System der Weiterbewerbung darstellen, weiß der Depositär uU überhaupt nicht, wo seine Werbungen erscheinen. Es muss ausreichen, wenn über AGB der Affiliate Vermittler sowie Werberichtlinien des Werbenden Depositärs Seiten mit gesetzeswidrigen Inhalten ausgeschlossen werden.

 

4. Resümee

Es bleibt spannend, wie sich der selektive Vertrieb hier weiterentwickeln wird und ob Hersteller, die moderne Werbeformen im Internet für autorisierte Händler untersagen wollen, sich damit durchsetzen werden. Konsequenz hiervon wäre dann allerdings auch, dass über Preissuchmaschinen, die nun einmal den Such- und Nutzergewohnheiten im Internet entsprechen, nur noch Angebote von  Graumarkthändlern und auf Bieterportalen gefunden werden – ob die im Interesse der Hersteller liegen kann, erscheint fragwürdig.

[Text/Foto: RA Stephanie Haslinger]