Markenschwäche effizient vermeiden. Der Wettbewerb wird immer internationaler, die Markt-situation immer kompetitiver. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Unternehmens liegt heute in Europa nur noch bei durchschnittlich 12,5 Jahren. Klassische, auf die Förderung des Verkaufens ausgerichtete betriebswirtschaftliche und werbliche Konzepte, sind an ihre Grenzen gestoßen. Auch die Marken als Wertschöpfungstreiber schwächeln, denn 74% aller Marken und 60% des produzierten Brand Contents sind für die Stakeholder nicht mehr relevant, sie könnten deshalb auf diese verzichten, wie die 2017 weltweit durchgeführte Studie „Meaningful Brands“ der Havas Group ergab. Wie erkennt man Markenschwäche und was kann man dagegen tun?! Gedanken zum Thema von Markenexperte Wolfgang Schiller.
Markenschwäche effizient vermeiden – Woran erkennt man eine nachlassende Markenstärke?
Markenschwäche stellt sich im Wesentlichen in vier Stufen dar:
- Die erste Stufe ist ein kurzfristiges Leistungstief mit steigenden Aktionsanteilen, großen Preisspreizungen innerhalb der Kanäle, zunehmenden Preisaktionen und Segments-Ausweitungen auf Zeitgeistprodukte.
- Die zweite Stufe sind Strukturprobleme durch Einführung von billigeren Zweitmarken, zunehmende Präsenz in Billigkanälen und entsprechenden Outlets – analog wie digital, Abbau der Vertriebsbreite, ständige Überarbeitung der Marketingmaßnahmen mit neuen Kampagnen und Werbekanälen.
- Dann folgt ein Substanzabbau mit sinkenden Durchschnittserlösen, Kostensenkungsprogramme bestimmen die strategischen Leitlinien, es folgen steigende Produkteinführungsraten, Verlagerung der Produktion ins Ausland und Logo- und Namensänderungen.
- Im Ergebnis ist das Unternehmen ein Sanierungsfall: Fundierte Verluste, rasche Wechsel in der Führung, fremdbestimmte Sortimentserweiterungen, opportunistisches Tagesgeschäft als Strategie und Verzicht auf die eigene Leistungsgeschichte.
Welche „Lösungen“ werden aktuell eingesetzt?
- Mehr Produktinitiativen: 70% der Produkteinführungen im FMCG-Segment sind jedoch kostentreibende Flops (der Schaden beläuft sich auf jährlich 10 Mrd. EUR) – 60% durch mangelhaftes Konzept, 40% durch mangelhafte Umsetzung, wie eine GfK-Studie des Markenverbandes, der GfK und von Serviceplan ergab. Außerdem führt die Ausweitung der Sortimente, um viele unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen, zur Verwässerung der Nutzenpositionierung. So mutierte zum Beispiel die Marke blend-a-med in den Köpfen der Kunden zu einem weiteren Produzenten von vielen Zahnpasta-Sorten und verlor seine Marktführerschaft. Die Nutznießer waren Spezialisten, wie Odol Med 3 (3-fach-Schutz), Sensodyne (schmerzempfindlich) oder Elmex und Aronal (morgens und abends). Produkt-Diversifikation führt zudem zur Kaufzurückhaltung, denn je größer die Auswahl ist, umso weniger wird gekauft, wie die Studie von S.Iyenger und M.Lepper, 2000, ergab.
- Mehr Rabatte: Diese Strategie setzen vor allem schwache Marken ein. 54% dieser „Burn-out-Brands“ werben mit Rabatten, die mehr als 20% unter dem Normalpreis liegen, wie die GfK herausfand. Doch 75% der Kaufentscheidungen werden nicht preisgetrieben, sondern in Kombination oder sogar ausschließlich auf Basis der Marke getroffen. Rabatte verschleiern zudem die Qualität der Markenprodukte und sind deshalb nicht markenstärkend.
- Mehr Werbung: Die Möglichkeiten der Werbung sollten nicht überbewertet werden; das birgt die Gefahr marktschreierischer Aktivitäten. Zuviel neue Werbekampagnen können sogar Umsatz kosten. So verdoppelte Jack Daniels den Umsatz ohne Kampagnenwechsel, während Jim Beam (12 Kampagnen) 13 Prozent einbüßte. Und wenn Unternehmen die Kommunikationskanäle mit Werbung zumüllen, kostet das Kunden, wie die Media Analyse 2015 ergab: Eine halbe Million Menschen hören weniger Radio als 6 Monate zuvor. Auch die Printtitel verlieren an Auflage (die großen Tageszeitungen büßten in den letzten 10 Jahren jeden 5. Käufer ein, Bild sogar jeden 3. – Bravo & Popcorn verloren in den letzten 5 Jahren fast 80% ihrer Auflage, Computertitel 50-60%, der Stern ein Drittel der Auflage). Wird dann noch die falsche Kundengruppe angesprochen, wirft man das Geld einfach zum Fenster raus: „Die „werberelevante Zielgruppe“ (Bevölkerung von 14–49 Jahren) war die teuerste und ineffizienteste Erfindung der Kommunikation in 30 Jahren. Sie wird heute noch in der Mehrzahl aller Fälle praktiziert“, wie die Gesellschaft für Konsumforschung, GfK, herausfand.
Man verdient nicht mit vielen Produkten, sondern nur mit vielen Kunden Geld
- Die Erkenntnis: Man verdient nicht mit vielen Produkten, sondern nur mit vielen Kunden Geld. Dabei sollte nach der Devise von Einstein vorgegangen werden: „Macht alles so einfach wie möglich, nicht einfacher“. Apple handelt genauso im Smartphone-Markt und erzielt eine extrem hohe Wertschöpfung: Profitshare 91%, bei einem globalen Marktanteil von 17,2%, Samsung erzielte dagegen nur einen Profitshare von 14% bei einem Marktanteil von ca. 25 % (Quelle: Fortune, 14.2.2016).
„Burn-out-Brands“ werben mit Rabatten
Fazit: Die wichtigsten Ursachen von Ertragsschwäche mit risikobehafteten systemischen Auswirkungen auf das Unternehmen sind eine unkontrollierte Distribution, inflationär anschwellende Sortimente und ausufernde Konditionen.
Wie kann man schwache Marken mit neuer Energie aufladen?
Hat man eine Marke, wenn man ein Logo eingetragen hat, einen schönen Internetauftritt besitzt oder kreative Anzeigen oder TV-Spots schaltet? Leider trifft man in der Praxis immer noch Unternehmen an, die Marke ausschließlich mit diesen Attributen verbinden.
Weitere Informationen rund um das Thema Markenschwäche finden sich auf der Webseite von Wolfgang Schiller:
http://www.schiller-brandcompany.com
[Text/Bild: Wolfgang Schiller]
Kommentar: Wie wird 2018 für die Parfümeriebranche? – Weiter wie gehabt!?
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