Tarifabschluss im Einzelhandel – Kritik an Überlastung vieler Unternehmen

Traifbaustelle als Schriftzug auf einem Sperrband.

Tarifabschluss im Einzelhandel – Kritik an Überlastung vieler Unternehmen. Der durch den Lockdown zwangsgeschlossene Nicht-Lebensmitteleinzelhandel musste erhebliche Umsatzverluste hinnehmen und hat sich bis heute noch nicht erholen können. Mit Blick auf den heutigen Tarifabschluss für den hessischen Einzelhandel sehen sich Einzelhändler, Verbände und die Branche von der Gewerkschaft Ver.di erpresst und in Teilen überfordert. Hintergrund ist wohl die Angst vieler Einzelhändler vor Streiks im Weihnachtsgeschäft.

Tarifabschluss: Austritt aus der Tarifgemeinschaft oder weiterer Personalabbau sind die Folgen

„Viele Facheinzelhändler befinden sich in akuter Existenznot, zumal die Umsätze vieler Innenstadthändler aktuell immer noch weit unter den schon schlechten Vorjahreszahlen liegen. Ein Austritt aus der Tarifgemeinschaft oder ein weiterer Personalabbau werden für viele die logische Konsequenz sein. Es geht ums Überleben!“ kommentiert Elmar Keldenich, Geschäftsführer des Bundesverband Parfümerien.

In verantwortungsloser Art und Weise zu überfordernden Tarifabschluss gezwungen

Auch HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth ist enttäscht: „Angesichts der schwierigen und für viele Nicht-Lebensmittelhändler verlustreichen Corona-Jahre 2020 und 2021 ist es sehr enttäuschend, dass Ver.di in dieser für große Teile der Branche so außergewöhnlichen Zeit nicht zu den dringend notwendigen Differenzierungen bereit war. Bis zuletzt haben die Arbeitgeber intensiv für einen ausgewogenen und für alle Branchen des Einzelhandels insgesamt verkraftbaren Tarifabschluss gekämpft. Doch die Arbeitgeber wurden durch massive Streikaktivitäten in verantwortungsloser Art und Weise zu diesem für viele Nicht-Lebensmittelhändler überfordernden Tarifabschluss gezwungen“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Tarifabschluss im Einzelhandel – für viele Nicht-Lebensmittelhändler nicht akzeptabel

Die Gewerkschaft habe hier sehr kurzsichtig agiert und offensichtlich nicht den langfristigen Bestand aller Arbeitsplätze im Blick gehabt. Die Tarifrunde sei durch diese starrsinnige Haltung auf Gewerkschaftsseite zudem so in die Länge gezogen worden, dass ein Abschluss trotz des für viele Nicht-Lebensmittelhändler eigentlich nicht akzeptablen Verhandlungsergebnisses letztlich alternativlos gewesen sei. Der Tarifabschluss sieht bei einer 24-monatigen Laufzeit des Tarifvertrags nach vier Nullmonaten eine Erhöhung der Tarifentgelte im ersten Jahr um drei Prozent aber maximal 81,12 Euro, was einer prozentualen Erhöhung zwischen 1,8 Prozent und drei Prozent je nach Gehaltsgruppe entspricht, vor. Im zweiten Jahr erhöhen sich die Tarifentgelte um weitere 1,7 Prozent.

Genth: „Das ist gerade für viele krisengeplagte Handelsunternehmen eine enorme Belastung. Ver.di hätte hier einer noch deutlicheren Differenzierung zugunsten der von den Lockdowns betroffenen Händler zustimmen müssen. So ist das im Ergebnis – trotz der vier Nullmonate im ersten Jahr – insgesamt kein fairer und ausgewogener Tarifabschluss, der Teile der Branche finanziell äußerst schwer trifft und zudem unnötig Beschäftigung gefährdet.“

Ausschließlich an der Wirtschaftskraft starker Unternehmen orientiert – Gefahr für die Tarifbindung

Es sei völlig unverständlich, dass die Gewerkschaft ständig die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge fordere, aber wenn es in der Krise darauf ankomme, nicht bereit sei, mit Differenzierungen die Verantwortung für die gesamte Branche zu übernehmen und sich ausschließlich an der Wirtschaftskraft der starken Unternehmen orientiere. Damit werde der Bindungskraft der Branchentarifverträge ein Bärendienst erwiesen.

[Text: parfuemerienachrichten/Bild: AdobeStock]