Esxence 2025: Der artistic perfume-Markt zwischen Vision und Vermarktung

Esxence 2025: Der artistic perfume-Markt zwischen Vision und Vermarktung von Dr. Bodo Kubartz, Passion and Consulting. Die Esxence 2025 vom 15. bis 18. März 2025 war ein faszinierendes Schaufenster für das Genre „artistic perfume“ – ein Branchentreffpunkt, der nicht nur aktuelle Trends abbildet, sondern auch langfristige Entwicklungen sichtbar macht. Drei zentrale Entwicklungen dürften die Zukunft der Branche prägen:

  1. die zunehmende globale Vernetzung, bei der neue Akteure aus bisher weniger beachteten Duftregionen die Marktlandschaft erweitern.
  2. der Bedeutungswandel von „Nische“, die vom exklusiven Gegenentwurf zur Massenware zunehmend zum Marketingbegriff wird.
  3. die wachsende Rolle von Multisensorik und Storytelling, die Parfümmarken neue Wege eröffnet, ihre Identität und ihre Kreationen erlebbar zu machen.

Die Messe feierte im Allianz MiCo Milano Convention Centre ihr 15-jähriges Bestehen unter dem Motto „Masters of Dreams“. Auf einer Fläche von 16.000 Quadratmetern präsentierten sich über 384 Marken – 70 % der Aussteller kamen aus dem Ausland.

Die wachsende Internationalisierung des Marktes ist eine der auffälligsten Tendenzen. Während etablierte europäische und amerikanische Marken ihre Präsenz weiter ausbauen, treten zunehmend neue Akteure aus bislang weniger beachteten Duftregionen in Erscheinung. Die Inspiration für Parfüm wird immer globaler und kulturelle Narrative spielen eine zentrale Rolle.
So ist es ein Anzeichen und Merkmal des sich global weiterentwickelnden Marktes, dass auch vormals olfaktorisch weniger skizzierte Regionalmärkte wie Südostasien in die Betrachtung rücken. Ich nahm die Fäden in der Hinsicht auf, zu einer Paneldiskussion mit ausgewählten Experten einzuladen, um genau diesen Perspektivwechsel zu beleuchten. Unter dem Titel „Beyond Borders: South-East Asia Meets Global Artistic Perfumery“ diskutierte ich mit vier Experten über die Rolle Südostasiens in der internationalen Duftlandschaft. Neben einer Marktforscherin, einem Rohstoffhersteller und einer unabhängigen Parfummarke bereicherte ein Distributor mit guter Übersicht in den stationären Handel das Panel. Die jeweiligen Analysen und Impressionen gaben gute Einblicke in die Marktdynamiken und Konsumtrends der Region. Dabei wurde deutlich, dass es längst nicht mehr nur um den Export von Rohstoffen geht, sondern um eine aktive kreative Partizipation an der artistic perfume-Bewegung. Die Region bringt eigene Marken hervor, experimentiert mit lokalen Dufttraditionen und öffnet sich gleichzeitig für internationale Kooperationen. Besonders spannend war die Frage, wie sich diese neuen Impulse auf das globale Marktgeschehen auswirken werden.

„Nische“ als Mantra – und was wirklich dahintersteckt

Insgesamt stellt sich zunehmend auch die Frage: Was heißt heute „Nische“ noch? Der Begriff wurde in den letzten Jahren so stark gehyped, dass er beinahe zu einem Mantra geworden ist. Früher war damit eine Gegenbewegung zum konventionellen Massenmarkt gemeint – eine Art Avantgarde der Duftkunst, die sich durch handwerkliche Qualität, kreative Freiheit und oft auch durch Exklusivität definierte. Doch angesichts der Marktentwicklung ist „Nische“ längst ein Marketingbegriff und eine Marktillusion geworden – ein Label, das Exklusivität suggeriert, während immer mehr Marken ohne tiefere kreative Vision oder handwerkliche Substanz auf diesen Trend aufspringen, in der Hoffnung, schnell am Erfolg teilzuhaben. Vielleicht ist es an der Zeit, anstelle einer reinen „Produktsicht“ eine biographische Herkunftsanalyse vorzunehmen: Wer steht hinter der Marke? Mit welchen Ambitionen und welcher Widmung? Wie finanziert sich die Marke? Wo will sie hin? Diese Fragen sagen oft mehr über die Authentizität eines Konzepts aus als der bloße Verweis auf limitierte Stückzahlen oder einen besonderen Vertriebsweg.

Die Zukunft der Branche: Vernetzung und Erzählkunst

Gerade auf der Esxence war spürbar, dass Parfüm zunehmend als kulturelles Medium verstanden wird – ein Medium, das nicht nur Emotionen transportiert, sondern auch gesellschaftliche Entwicklungen reflektiert. Die Verbindung mit anderen kreativen Disziplinen wie Musik, Kunst und Design nimmt weiter zu, und multisensorische Konzepte gewinnen an Bedeutung. Viele Marken setzen auf eine erweiterte Erzählweise, in der Düfte in komplexe Narrative eingebettet werden, anstatt nur als Produkte zu funktionieren.
Die Esxence 2025 hat damit nicht nur bewiesen, dass artistic perfume weiterhin eine lebendige und innovative Branche ist, sondern auch, dass sie sich immer stärker als ein weltumspannendes, kulturell vernetztes Phänomen begreift. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich dieser Trend in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird. Die Zukunft von artistic perfume liegt in globaler Vernetzung, kreativen Erzählformen und kultureller Vielfalt. Im Juni 2026 dürfte wohl auch die 400er-Schallmauer der ausstellenden Marken fallen.

[Text: Dr. Bodo Kubartz/Bild: Esxence Presse]