
Die Generation Alpha und Kosmetik – ein Interview mit Nicole Hanisch. Die Generation Alpha ist nicht nur früh an Kosmetik interessiert, sondern auch hoch informiert, anspruchsvoll und kritisch. Unternehmen, die digitale und physische Shopping-Erlebnisse geschickt verknüpfen, auf Trends setzen und Orientierung bieten, haben die besten Chancen, diese Zielgruppe für sich zu gewinnen. Wir sprachen mit der Psychologin und Marktforscherin Nicole Hanisch von Innersense Research [externer Link] über die Generation Alpha, Gamification, interaktive Produktpräsentationen und Augmented Reality-Tools. Wer mehr erfahren möchte, kann sie bei der Parfümerietagung 2025 am 21. und 22. September in Düsseldorf persönlich kennenlernen.
PN: Welche Erkenntnisse können Marken und Unternehmen allgemein aus Ihrer Studie zur Generation Alpha und Kosmetik ziehen?
Hanisch: Unsere Studie zeigt, dass die Generation Alpha früh ein starkes Interesse an Kosmetik
entwickelt und soziale Medien, v.a. TikTok, ihre Schönheitsideale prägen. Unternehmen sollten
verstehen, dass Kinder Kosmetik nicht nur spielerisch nutzen, sondern oft mit dem Ziel der perfekten
Selbstgestaltung. Sie glauben, sich durch Kosmetik selbst herauszumodellieren. Marken können
darauf reagieren, indem sie altersgerechte Entwicklungsräume anbieten, in denen Fehler,
experimentieren und lustige Zwischenschritte erlaubt sind, um den Druck zur Perfektion reduzieren.
TikTok und YouTube sind entscheidende Kanäle, um diese Zielgruppe authentisch zu erreichen. Wer
innovative, kreative und inklusive Konzepte entwickelt, kann langfristig Vertrauen aufbauen und die
junge Generation gezielt ansprechen. TikTok erfüllt dabei zahlreiche Funktionen und wichtigstes
Medium.
PN: Wird die Gen Alpha den Handel – online wie offline – in den nächsten Jahren verändern?
Hanisch: Definitiv. Und sie tut es bereits jetzt! Die Generation Alpha ist mit stark personalisierten
Online-Erlebnissen aufgewachsen und erwartet daher maßgeschneiderte, persönliche Angebote.
Aus diesen Erfahrungen heraus entwickeln sie andere Erwartungen an ihre Umgebung, an Produkte
und letztendlich auch an Marken. Das wirkt sich natürlich auch auf den Handel und dessen Angebote
aus. Diese Gewohnheit überträgt sich auf den stationären Handel: Sie suchen nach Erlebnissen, die
nahtlos zwischen digitalen und physischen Welten wechseln. Händler müssen darauf reagieren,
indem sie personalisierte Angebote und interaktive Elemente integrieren.
Generation Alpha und Kosmetik – „TikTok und YouTube sind entscheidende Kanäle, um diese Zielgruppe authentisch zu erreichen.“

PN: Welche Erwartungen hat Gen Alpha an das Online-Shopping, und wie können Händler
diese erfüllen?
Hanisch: Online-Shopping ist für Gen Alpha eine Selbstverständlichkeit. Sie sind es gewohnt, dass
Plattformen ihre Wünsche und Vorlieben automatisch erkennen und passende Produkte
empfehlen. Personalisierte Empfehlungen und intuitive Nutzererlebnisse sind daher essenziell.
Zudem informiert sich Gen Alpha ständig über Trends – ob durch Influencer, Social Media oder den
Austausch mit Gleichaltrigen. Diese Generation weiß, was gerade angesagt ist. Der Händler sollte
immer aktuelle Trends im Blick haben und „Hype-Produkte“ – also Innovationen oder Upgrades
seiner Produkte – anbieten können.
Die Aufmerksamkeit dieser Generation gewinnt man am besten mit interaktiven und visuell
ansprechenden Inhalten. Gamification, interaktive Produktpräsentationen oder Augmented Reality
Tools wie der „BEAUTY MIRROR“ von Douglas können hier Maßstäbe setzen.
PN: Welchen Einfluss haben digitale Plattformen wie Instagram und TikTok auf das Einkaufsverhalten der Gen Alpha und welche Rolle spielen Influencer?
Hanisch: Digitale Plattformen wie Instagram und TikTok beeinflussen nicht nur die
Kaufentscheidungen der Generation Alpha, sondern auch den Handel selbst. Kinder und Jugendliche
entdecken Produkte heute vor allem über Social Media – klassische Werbung im Handel reicht nicht
mehr aus, um sie zu erreichen.
Influencer spielen dabei eine Schlüsselrolle. Sie setzen Trends, zeigen neue Produkte in
authentischen Alltagssituationen und schaffen Begehrlichkeit. Ein einziges virales TikTok-Video kann
dazu führen, dass ein Produkt innerhalb weniger Stunden in den Geschäften ausverkauft ist – das
Phänomen „TikTok made me buy it“ zeigt, wie Social Media den Handel antreibt. Paula Wolf ist ein
gutes Beispiel dafür, wie eine Influencerin authentisch auftreten kann. Sie schafft es, in witziger
Weise beim Schminken zu helfen, aber ermuntert ihre Follower auch, einen eigenen Stil zu finden.
So sollte der Handel Social Media Plattformen gezielt für sich nutzen. Erfolgreiche Händler
kooperieren mit Influencern, setzen auf digitale Displays mit Social-Media-Content und verknüpfen
Online- und Offline-Erlebnisse, zum Beispiel mit In-Store-Events, die durch TikTok oder Instagram
beworben werden. Sephora hat beispielsweise Augmented-Reality-Filter in Instagram integriert,
sodass Nutzer Lippenstifte virtuell testen konnten. Wer es schafft, digitale Plattformen nahtlos in
das Einkaufserlebnis zu integrieren, bleibt für Gen Alpha relevant.
„Erfolgreiche Händler kooperieren mit Influencern, setzen auf digitale Displays mit Social-Media-Content und verknüpfen Online- und Offline-Erlebnisse, zum Beispiel mit In-Store-Events, die durch TikTok oder Instagram beworben werden.“
PN: Glauben Sie, dass physische Geschäfte für Gen Alpha noch relevant sind? Welche Rolle
spielt das Einkaufserlebnis im Laden für diese Generation?
Hanisch: Ja, aber nur, wenn sie ein Erlebnis bieten. Trotz ihrer digitalen Affinität schätzt die
Generation Alpha reale Erlebnisse und sichtbare Ergebnisse. Sie möchten spüren, dass sie im realen
Leben etwas schaffen und ausprobieren können. Sich selbst zu pflegen und zu schminken gilt als
ebenso kreativ herstellend wie backen oder kochen, was bei Gen Alpha auch so interessant ist.
Stores müssen daher interaktive Elemente, Workshops oder digitale Touchpoints anbieten, um
attraktiv zu bleiben. Ein gutes Beispiel ist „Drunk Elephant“ in den Sephora Stores, wo Kunden ihre
eigenen Skincare-Smoothies mixen können – ein echter Erfolg bei jungen Konsumenten.
PN: Wie sieht das ideale Einkaufserlebnis für Gen Alpha aus?
Hanisch: Es kombiniert digitale und physische Elemente. Virtual-Reality-Anwendungen, interaktive
Displays und KI-gestützte Beratung können das Shopping-Erlebnis bereichern. Marken sollten
kreative Umgebungen schaffen, in denen Kinder spielerisch und ohne Druck experimentieren
können – etwa wie bei den Disney-Produkten von „essence“ oder den „Trend-it-up“-Produkten, die
junge Konsumenten dazu einladen, mit Spaß etwas auszuprobieren und ohne Druck ihre Identität
zu erkunden.
„Greenwashing wird schnell durchschaut und abgestraft. Marken müssen daher glaubwürdig und transparent agieren.“

PN: Glauben Sie, dass Gen Alpha eine stärkere Loyalität zu Marken zeigt, die in der digitalen
Welt besonders präsent sind, oder bleibt die physische Präsenz im Handel weiterhin entscheidend?
Hanisch: Digitale Sichtbarkeit ist essenziell, aber physische Erlebnisse verstärken die emotionale
Bindung. Marken, die beide Welten klug verknüpfen, werden langfristig erfolgreich sein.
Entscheidend ist eine authentische Kommunikation und Individualisierung – online wie offline.
Unsere Studie zeigt, dass Gen Alpha oft nach Struktur und Orientierung sucht. Sie sollen möglichst
viel schon selbst mitbestimmen. Das kann aber zu einer echten Überforderung führen. Marken
können dabei helfen, Struktur zu schaffen, indem sie klare Ziele und Aufgaben vorgeben und
kommunizieren. Die Drogeriemarktkette DM bietet nicht nur nachhaltige und vegane Produktlinien
(z. B. Alverde), sondern kommuniziert ihre Werte auch aktiv auf Social Media.
Über Plattformen wie Instagram und TikTok erklärt DM, was hinter seinen Produkten steckt – z. B.
mit der Kampagne #nachhaltigdurchdenAlltag, die zeigt, wie junge Menschen verantwortungsvoll
konsumieren können. Marken, die klare Werte vermitteln und als „Wegweiser“ fungieren, können
eine tiefe Bindung zu dieser Zielgruppe aufbauen. Auch wenn aktuell effektive Wirkung bei Kosmetik
für junge Zielgruppen wichtiger ist als Nachhaltigkeit.
PN: Die Vertreter der Gen Alpha sind ja noch Kinder oder Jugendliche. Welche Rolle spielen
die Eltern dieser Generation?
Hanisch: Eine sehr wichtige. Viele Eltern fühlen sich überfordert und suchen nach Produkten und
Marken, die ihnen helfen, ihre Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen, aber auch Hautschäden
zu verhindern, wenn ihre Kinder Kosmetik extensiv nutzen. Verbieten wollen sie es nicht, um den
Kindern freien Raum der Selbstgestaltung zu ermöglichen. Marken, die Lösungen bieten um
einerseits den Kindern Eigenständigkeit ermöglichen und gleichzeitig den Eltern als Gatekeepern
helfen, können sowohl Kinder als auch Eltern ansprechen.
PN: Welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit für Gen Alpha?
Hanisch: Nachhaltigkeit ist generell ein zentrales Thema für die junge Generation, ist aber im
Umgang mit Kosmetik eher als notwendiger Hygienefaktor etwas in den Hintergrund gerückt.
Bei Nachhaltigkeit sind v.a. relevant Tierschutz, vegane Produkte, recycelbare Verpackungen und
CO₂-Reduktion. Greenwashing wird schnell durchschaut und abgestraft. Marken müssen daher
glaubwürdig und transparent agieren.
PN: Frau Hanisch herzlichen Dank für die Einblicke!
Hanisch: Vielen Dank für das Gespräch!
[Text: parfuemerienachrichten/Bilder: innerSense]