Feature: Mit oder ohne? – Ein haariges Problem

Rasieren
Mit oder ohne? Klinge oder elektrisch? Irgendwann stellt sich die Frage nach dem Bart!

Nach Angaben der Vereinten Nationen leben mehr Männer als Frauen auf der Erde: Von den 6.671.226.000 Menschen sind 3.360.743.000 männlichen Geschlechts (Stand 2007). Und wo immer sie leben, egal auf welchem Kontinent, ab einem bestimmten Alter stellt sich fast allen dieselbe Frage. Denn plötzlich ist der Bart da, gewollt oder ungewollt. Er wächst und wächst nach, wie es Haar nun einmal an sich hat. Soll man nun mit oder ohne weiterleben? Haarschnitt, Frisur, Bartmode oder glatte Rasur haben Signalwirkung. Die jeweilige Antwort darauf trägt zur Selbstdarstellung des Einzelnen bei. Wer sein Haar lang oder kurz hält, einen Bart trägt oder auf ihn verzichtet, hat sich für ein bestimmtes Ideal entschieden, ob bewusst oder unbewusst. Daran ändert der Lauf der Geschichte, der Wechsel von Zeiten und Moden auch künftig nichts.

Irgendwann kommt der Tag der Entscheidung. Der Nobelpreisträger George Bernhard Shaw, kurzhaarig und bärtig, beschreibt dieses einschneidende Erlebnis so: „Ich war damals ungefähr fünf. Ich stand neben dem Knie meines Vaters, der sich gerade rasierte. Daddy, sagte ich zu ihm, warum rasierst Du Dich? Schweigend sah er mich an, er schwieg ungefähr eine Minute. Dann warf er das Rasiermesser hin und sagte: Verdammt noch mal, warum rasiere ich mich eigentlich? Er hat sich nie wieder rasiert.“ Bis ins 21. Jahrhundert übernehmen viele junge Männer die Rasiergewohnheiten vom Vater. Solche Praxis leuchtet ein, denn Vorbilder prägen und die Rasur will erlernt werden. Zwar entstehen in den Metropolen zunehmend wieder Barbershops, in manchen Ländern wie der Türkei gibt es den klassischen Barbier nach wie vor. Aber meistens bleibt die Rasur ein täglicher Selbstversuch mit hoffentlich erfreulichem Ergebnis.

Wer mit glatten Konturen glänzen will, kann heute unter einer Vielzahl von Elektrorasierern wählen. Rasiert er sich lieber nass, entscheidet er sich für Pinsel und Klinge. Traditionelle Messerrasuren, auch wenn sie eine Renaissance erleben, bleiben die Domäne der Profis. Lange hingen Häufigkeit und Gründlichkeit des Rasierens vom Stand der technischen Entwicklungen ab. Erst die Erfindung von Rasierklinge und Nassrasierapparat, einer Weiterentwicklung des Barthobels, emanzipierte Männer zur gefahrfreien „Selbstrasur“. So geschehen zu Anfang des letzen Jahrhunderts. Damit ist das ständige Privileg, ein vom Bart befreites Antlitz zu zeigen, vergleichsweise jung. Und auf die Frage: Warum und womit rasiere ich mich, darf jeder Mann seine eigene Antwort finden.

[Text/Bild: Mühle. Hans-Jürgen Müller GmbH & Co. KG/Helga Sonntag-Kunst]