Interview mit Philipp Renger: Auf Dauer wirtschaftet sich der Einzelhandel selbst kaputt

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Ein Interview mit Philipp Renger Online-Kommunikationsexperte von MOSAIQ MEDIA. Als Redner bei der Parfümerietagung 2014 wurden seine teils provokanten Thesen bei der Parfümerietagung 2014 des Bundesverbandes Parfümerien teils kontrovers diskutiert und sorgten auch für jede Menge Gesprächsstoff.

parfümerienachrichten sprach mit Philipp Renger über Rabatte, Marken, Technologien und Erlebnisse und Chancen.

  • parfümerienachrichten: Sie sagen Beratung ist kein Argument für den Handel. In der Parfümerie behaupten viele Kunden wegen der Beratung zu kommen. Wie passt das zusammen?

Philipp Renger: Die Beratung im Fachgeschäft ist aufgrund des zeitlichen Aspekts nur bedingt tiefgründig. Im der digitalen Welt haben Konsumenten die Möglichkeit selbst zu recherchieren um Antworten auf Fragen und Bedürfnisse zu bekommen, die im Einzelhandel höchstens bei einem langjährigen Stammkunden zum Vorschein kommen. Der Konsument kann im Netz ohne Druck recherchieren und sich sowohl durch Informationen seitens der Hersteller/Einzelhandel als auch durch Meinungen anderer Konsumenten und unabhängiger Institute seine Kaufentscheidung vorbereiten und ggf. fällen. Die Tiefe der Recherche bestimmt dabei der Konsument selbst und nicht der ggf. völlig unbekannte Verkäufer im Einzelhandel. Sicher ist im Bereich der Parfums das Bedürfnis der Konsumenten zu „riechen“ stärker als im Kosmetikbereich, aber auch hier fällt die Meinung Anderer über die Wirkung immer mehr ins Gewicht.

  • parfümerienachrichten: Die Markenhersteller erzählen uns, dass die Kunden nur wegen Ihrer Marken in die Parfümerien kommen. Stimmt das?

Philipp Renger: Durchaus! Wenn Marken gute Markenarbeit geleistet haben ist das durchaus der Fall bzw. ein anzustrebendes Ziel. Exklusivität, selektiver Vertrieb und (künstliche) Verknappung spielen dabei eine immer wichtige Rolle.

  • parfümerienachrichten: In Zeiten fallender Kundenfrequenz setzen viele Händler auf Rabatte, Zugaben ähnliche Strategien um Kunden ins Geschäft zu locken. Sind das Argumente die auf Dauer ziehen?

Philipp Renger: Nein. Damit macht sich der Einzelhandel das Leben schwer und geht auf einen Kampf ein, der schon von Vornherein verloren ist. Onlineshops werden aufgrund häufig weitaus günstigeren Kostenstrukturen immer niedrigere Preise anbieten können als der Einzelhandel. So generieren Onlineshops pro Mitarbeiter im Vergleich zum Einzelhandel ca. 4 Mal so viel Umsatz. Auf Dauer wirtschaftet sich der Einzelhandel damit selbst kaputt.

  • parfümerienachrichten: Was wäre sonst ein echter Mehrwert für unsere Kunden?

Philipp Renger: Exklusive Erlebniswelten/Einkaufserlebnisse, echte individualisierte Beratung, Nischen-orientierte Produktpalette.

  • parfümerienachrichten: Sie sagen eine langfristige Beziehung zum Kunden wird immer wichtiger. Warum?

Philipp Renger: Der Einzelhandel hat dadurch die Möglichkeit den Kunden emotional an sich zu binden. Onlineshops schaffen dies künstlich aufgrund des geschickten Einsatzes von Datenanalysen (Big Data) und erkennen somit Strukturen und Muster und erhöhen somit die Kaufwahrscheinlichkeit. Der Einzelhandel kann hier aber auf einer viel persönlicheren Ebene Punkten für die der Konsument auch bereit ist Geld auszugeben.

  • parfümerienachrichten: Vervollständigen Sie den folgenden Satz: Handy, Tablets Internet und Social Media sind für den stationären Handel…

Philipp Renger: …einige der noch wenig verbleibenden Chancen, die endlich genutzt werden müssen um den Einzelhandel langfristig zu erhalten.

  • parfümerienachrichten: Welchen Tipp würden Sie unseren Lesern aus Parfümerie und Markenherstellern noch mit auf den Weg geben wollen?

Philipp Renger: Machen Sie die Augen auf, reden Sie mit Ihren Töchtern und Enkeln und seien Sie was Sie sind: Unternehmer mit der Bereitschaft ein Risiko einzugehen um stärker und nicht schwächer aus der Krise herauszugehen.

  • parfümerienachrichten: Vielen Dank für das Gespräch!

[Interview/Bild: parfuemerienachrichten.de]

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